Who cares?
Wen kümmert´s, dass wir uns kümmern?
Dokumentation, 52 Minuten
Who Cares? Wen kümmert’s, dass wir uns kümmern?
So schnell der Beifall aufgebrandet war im Frühjahr 2020, so rasch waren die „Helden“ wieder in Vergessenheit geraten – die vielen Menschen, die sich Tag für Tag und Nacht für Nacht im Gesundheits- und Pflegesystem Deutschlands darum kümmern, dass wir gut versorgt werden, gesunden oder in Würde sterben können. Die Allermeisten dieser „Kümmerer“ gehen dabei weit über die Belastungsgrenzen und sind einem System verpflichtet, in dem essentielle Pflege- und Behandlungsfaktoren wie Zeit, Nähe und Würde seit Längerem Kategorien wie Kostendeckung, Fallpauschalen und Auslastung unterworfen sind.
„Ein Film über vier Frauen zeigt, wie Menschlichkeit, Wärme und Zuwendung trotzdem Hoffnung geben, in den schwersten Momenten des Lebens in guten Händen zu sein.“
OTZ, 21. März 2023, Link zum Artikel
Zeit versus Nähe
Technik, Taktung und Menschlichkeit – Das Dilemma des Gesundheitssystems
Der Film nähert sich den Protagonisten daher behutsam und beobachtend – nicht investigativ, belehrend oder gar präjudizierend. Er begleitet und porträtiert 4 Menschen als Ärztinnen, Hebammen oder Pflegerinnen in ihrem täglichen Bemühen, Menschen von ihrer Geburt bis zum Tod so zu betreuen, dass Menschlichkeit, Nähe und Wärme trotz aller technisch-finanzieller Vorgaben und Taktungen, die das Gesundheits- und Pflegesystem einfordert, nicht gänzlich untergehen. Dabei wird dem Betrachter einiges zugemutet – wenn ein Mensch auf die Welt kommt, und wenn ein Mensch gehen muss. Der Kreislauf des Lebens in seiner gesamten Spanne ist eng verwoben mit den Erfahrungen, die alle Menschen im Laufe ihres Lebens notwendigerweise und unabdingbar mit dem Gesundheits- und Pflegesystem in unserem Land machen. Die Ambivalenz der Perspektiven – die „Kümmerer“ können morgen schon selbst darauf angewiesen sein, dass sich jemand um sie kümmert – zeigt ein Phänomen auf, welches in unseren modernen Gesellschaften zu oft ausgeblendet wird: Krankheit und Tod, Pflege und Gebrechlichkeit, der Verlust von Selbständigkeit und die Abhängigkeit von helfenden Strukturen gehören untrennbar zu unserem Leben – und können jederzeit Jeden und Jede ereilen.
Kreislauf des Lebens
Der Film stellt sich in seiner lyrisch-musischen und künstlerischen Führung mit Elementen der Animation und der Mischung aus extremer Taktung und wohltuender Ruhe dem Anspruch, sich diesen Ambivalenzen so zu stellen, dass der Betrachter sich als Teil der Szenerie fühlt und Situationen mitfühlen kann, die er selbst erlebt hat oder befürchten muss, dass diese eintreten können. Der Film versucht, mit seiner unaufdringlichen und behutsamen Beobachtung fragile Nähe zu schaffen und sich den „Kümmerern“ genauso zu nähern, wie den Patienten.
Ambivalenz des Titels
Auch der Titel des Films „Who cares?“ trägt in seiner englischen Bedeutung bereits die Ambivalenz des Stoffes – „wen kümmert’s?“ und „wer kümmert sich?“ – in sich. Der Film ist ein Beitrag zum Nachdenken über die Momente, in denen in Zeiten hektischer Betriebsamkeit, profitorientierter Kennziffern, emotionaler Kälte und der Ausblendung unserer Fragilität und Endlichkeit trotz allem Menschlichkeit, Wärme und Zuwendung aufblitzen und uns Hoffnung geben, in den schwersten Momenten unseres Lebens in guten Händen zu sein.
Unser Film erhielt im Mai 2023 den Preis als „Best Feature Documentary“ beim Courage Film Festival 2023 in Berlin. Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung! Das internationale Festival richtet sich an Filmemacher und Drehbuchautoren, die in ihrer Arbeit gesellschaftliche Themen und Missstände aufgreifen, die zu Diskussionen und Debatten anregen und einen Beitrag zu positiver Veränderung in der Welt leisten wollen. Die weiteren Preisträger in 2023 in Kategorien wie der besten Regie, Animation, des besten Kurzfilms und experimentellen Spielfilms stammen aus Finnland, England, Kanada, Slowenien und Österreich. Der Preis setzt in diesem Jahr auch ein Zeichen für Nachhaltigkeit, indem die Umweltinitiative „Grow my tree“ für jeden einen Baum pflanzt. Klimaschutz durch Wiederaufforstung, mit dem Pflanzen eines Baumes werden 22 Kilogramm CO₂ neutralisiert.
REGIE, SCHNITT & TON: Stephan Witthöft, KAMERA: Torsten Backofen, PRODUKTIONSLEITUNG: Mirko Hempel, ANIMATION: Aline Helmcke, MUSIK: Jörg Wolschina, TONMISCHUNG: Kevin Jahnel, REDAKTION: Selina Elble, SPRECHER: Fritz Stavenhagen, GEDICHT: Juliane Witthöft